Die Ratsmitglieder beschlossen mit großer Mehrheit (32:3 Stimmen) die Realisierung der Neubauprojekte im Schulzentrum Nord (Variante 1). Die Bauarbeiten für das Schulgebäude der Gesamtschule, ein Campus Restaurant und eine Dreifach-Sporthalle mit Veranstaltungselementen können nun im nächsten Jahr beginnen. Leicht haben es sich die Ratsmitglieder bei ihrer Entscheidungsfindung nicht gemacht. Nicht nur die enormen Kosten für die Stadt, sondern auch die damit verbundenen Steuererhöhungen für die Bürger sorgten für viel Diskussionsstoff.
Verschiedene Varianten
Drei Variantenvorschläge waren diesem Beschluss vorausgegangen. Variante 2 wäre nur die Umsetzung des Schulbaukörpers; Mensa und Sporthalle sollten entfallen und bei der dritten Variante wäre kein Gebäudeteil gebaut worden; man wollte Ersatzhalber auf ein Modulbausystem setzen. Hintergrund ist die enorme prognostizierte Kostensteigerung des Bauprojekts.
Statement der FDP
Das ist auch der Grund, warum die Fraktion der FDP dem Vorhaben ihre Zustimmung verweigerte. „Wir müssen jetzt die Notbremse ziehen. Die Niederkasseler Haushaltslage ist katastrophal und keiner im Rathaus hat es gemerkt. Im Februar überraschte der Bürgermeister den Rat mit der Mitteilung, dass ein Loch von 16,9 Millionen Euro im städtischen Haushalt klafft. Die zu Beginn der Planung kalkulierten Kosten haben sich von 30 Millionen Euro auf jetzt 91 Millionen Euro verdreifacht. Die Belastbarkeit der Bürger und auch des Handwerks und Gewerbes sind erreicht“, so die FDP-Fraktionsvorsitzende Anette Wickel. Weiterhin befürchtet sie eine massive Erhöhung der Grundsteuer B in Richtung der 1720 Punkte Marke.
Statement der CDU
Diesen Argumenten wollten die anderen Fraktionen nicht folgen, wenn auch sie eine erhebliche steuerliche Mehrbelastung für die Bürger sehen. Fraktionschef Dano Himmelrath (CDU) sagte, für seine Partei sei die Bildung der Jugend eine der wichtigsten Aufgaben, die man als Gesellschaft habe. „Wir möchten sicherstellen, dass unsere Schulen die bestmögliche Umgebung für Lernen und Entwicklung bieten. Wir sind uns der Tragweite der Entscheidung im Bezug auf notwendige Steuererhöhungen bewusst, glauben aber, dass die langfristigen Vorteile für unsere Jugend und unsere Stadt überwiegen“, so Himmelrath.
Statement der SPD
Frieder Reusch (SPD) sprach gar von einem historischen Moment für Bürger und Stadt. „Wir stehen heute vor einer Entscheidung, die für diesen Rat in seiner Tragweite einmalig, nahezu historisch ist. Wir haben die Wahl zwischen dem Bau eines modernen Schulzentrums zur Sicherung der Zukunft unserer Kinder, verbunden mit nie dagewesenen Steuererhöhungen oder dem Bau eines Provisoriums, verbunden mit geringeren Steuererhöhungen. Die Finanzen der Stadt sind desaströs. Gab es noch 2021 einen Jahresabschluss mit Überschuss (für 2022 liegen uns keine Informationen vor), so wurde für 2023 ein Defizit von über 15 Mio. Euro prognostiziert, mit gleicher Tendenz für die Folgejahre und Gang in die Haushaltssicherung. Wir planen seit 2020 die Zukunftssicherung unserer Schulen. Der Erfolg unserer Schulen, sowie die demografische und schulpolitische Entwicklung erzwangen einen Handlungsbedarf, der in ein zukunftsweisendes, von allen nahezu bejubeltes Projekt mündete: ein modernes Schulzentrum für 2.000 Schülerinnen und Schüler, eine Mensa für den Ganztagsbetrieb sowie eine dringend benötigte Sporthalle, die gleichzeitig als ‚Halle für alle‘ den drängenden Bedarf nicht nur des Schul- und Vereinssports decken, sondern auch der Kultur und dem Brauchtum dienen soll“, so Frieder Reusch.
Statement der GRÜNEN
Sascha Essig (BN90/DIE GRÜNEN) dankte der Verwaltung für ihre umfangreiche Vergleichsberechnung zu einem 4. Variantenvorschlag der Grünen. Dieser hatte zum Inhalt, an verschiedenen Stellschrauben beim Bau zu drehen, um so die Kosten zu senken. Geplant war eine Reduzierung der Unterkellerung im Schulgebäude, der Entfall der Mehrzwecknutzung in der Sporthalle sowie die Reduzierung des Foyer–Bereiches in der Mensa / Sporthalle. Dieser Vorschlag wiederum hätte durch eine zeitliche Verzögerung zu erheblichen Mehrkosten und dem Verlust der Fördermittel geführt. „Schade, dass es zuvor keine Mehrheit für eine preisbewusstere Wahl gegeben hat. Der Verzicht auf Halle und Mensa würde aber zum Schaden der Kinder sein. Daher sprechen wir uns für Variante 1 aus. Auch wenn unsere Sparvorschläge nicht genügend berücksichtigt wurden, so hoffen wir doch, dass im weiteren Planungsprozess sich noch Einsparmaßnahmen ergeben“, so Sascha Essig.
Erhöhung der Steuer
Der Ratsbeschluss für die Variante 1 bedeutet für alle Bürger der Stadt, dass alleine für dieses Projekt zwingend eine Erhöhung des Steuerhebesatzes für die Grundsteuer B in Höhe von 352 Punkten erfolgen muss.