Sonderratssitzung: Wie geht es mit der Flüchtlingspolitik in Niederkassel weiter? | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Bei einer Sonderratssitzung mit großem Fragenkatalog standen Bürgermeister und Verwaltung Rede und Antwort. Hauptthema war die Flüchtlingspolitik und die Frage nach der Schaffung einer Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE).

Sonderratssitzung: Wie geht es mit der Flüchtlingspolitik in Niederkassel weiter?

Es war eine lange, dreistündige Sonderratssitzung, die am Mittwochabend (13.03.2024) in der Aula des Kopernikus Gymnasiums stattfand und auf großes Bürgerinteresse stieß. Bei der Bürgerfragestunde, die jeder Ratssitzung vorausgeht, haben die Bürger die Möglichkeit, Fragen und auch Nachfragen an die Verwaltung und den Bürgermeister zu stellen, die dann, wenn möglich, gleich beantwortet werden oder deren Beantwortung die Verwaltung nachreicht.

Fragen zu Flüchtlingsunterkünften

Im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses standen Fragen zu Standorten zukünftiger Flüchtlingsunterkünfte und zu den gesamten Kosten. Schnell zeigte sich, dass es hier keine einfachen Antworten gab, denn es gibt in Niederkassel 54 geduldete Flüchtlinge, 274 Flüchtlinge, bei denen das Asylverfahren läuft, und 300 anerkannte Flüchtlinge und zu jeder Gruppe gibt es unterschiedliche An- und Abrechnungsverfahren.

Hohe Kosten

Die Verwaltung hatte zu dieser Sonderratssitzung in einer Vorlage detailliert Einnahmen und Ausgaben dargestellt, die belegen, dass die Summe der Aufwendungen (6.466.508 Euro) die Summe der Erträge (4.870.166 Euro) um 1.596.508 Euro übersteigt. Die Zahlen gelten für das Jahr 2022. So bekommt die Stadt z.B. für zugewiesene Flüchtlinge im laufenden Asylverfahren eine monatliche Pauschale von 875 Euro und für zugewiesene Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive eine einmalige Pauschale von 12.000 Euro.

Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) in Niederkassel?

Eine weitere Vorlage der Verwaltung befasste sich mit der Schaffung einer Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE). Hinsichtlich der Einrichtung einer ZUE in Niederkassel besteht der Vorteil darin, dass die Finanzierung der zentralen Einrichtungen das Land komplett übernimmt. Die Schutzsuchenden, die in Landesunterkünften untergebracht sind, werden eins zu eins – also zu 100 Prozent – und unabhängig von der tatsächlichen Belegung auf die Aufnahmeverpflichtung der Kommune angerechnet. Das Land NRW trägt auch die Kosten für Planung und Errichtung der ZUE.

Zudem belastet die Einrichtung nicht zusätzlich die Infrastruktur, hier vor allem Kindergarten- und Schulplätze. Kinder und Jugendliche in den ZUE´s in NRW sind nicht schulpflichtig. Die Schulpflicht tritt erst ein, sobald sie einer Kommune zugewiesen sind.

Die Errichtung einer ZUE für bis zu 500 Personen, die bereits in St. Augustin und Alfter existieren und für die Lohmar ebenfalls den Zuschlag bekommen hat, birgt aber Risiken für die Stadt. Dies durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zu regeln, ist das Land aber nicht bereit.

Unstimmigkeiten im Rat

Während sich die CDU und die FDP offen für eine ZUE zeigten, wurde dies von den GRÜNEN abgelehnt. So sagte Simone Mazzoleni: „Das geht mir ethisch gegen den Strich“ und auch Frieder Reusch (SPD) zeigte sich wenig begeistert. „Da macht Kommunalpolitik keinen Spaß. Weiter prüfen, aber ich sage ihnen ganz ehrlich, wir wären nicht böse, wenn wir nicht zum Zug kämen. Dass 500 Menschen in Niederkassel eingezäunt leben, kann ich mir nicht vorstellen“, so Reusch.

Dano Himmelrath (CDU) sagte, dass man die Prüfung einer ZUE für wichtig halte, denn angesichts der Haushaltssicherung müsse man sich fragen, wollen wir für Niederkassel eine Ersparnis oder nicht. Zudem ginge es bei der Diskussion ja nur um einen Prüfauftrag für die Verwaltung, ob die Einrichtung einer ZUE weiterverfolgt werden solle, warb Himmelrath um Unterstützung.

Einrichtung einer ZUE wird geprüft

Bei sechs Gegenstimmen von BN90/GRÜNE und einer Enthaltung (LINKE) erging ein Prüfauftrag an die Verwaltung.

Offene Fragen

Durch die umfangreichen und detaillierten Vorlagen der Verwaltung erledigten sich etliche der 30 Fragen, die man seitens der CDU an die Verwaltung sehr kurzfristig herangetragen hatte. Offen bleibt die Frage, ob die Stadt Niederkassel sich gegen die Zuweisung von Flüchtlingen durch das Land NRW juristisch zur Wehr setzen kann. Dazu sagte Barbara Lülsdorf (CDU), dass man sich seiner humanitären Pflichten bewusst sei, aber alle Möglichkeiten nutzen wolle, um eine Änderung der Situation herbeizuführen. Rechtliche Möglichkeiten prüft auch die Stadtverwaltung. „Zwei Gemeinden, eine davon in NRW, haben sich bisher gegen eine Zuweisung gewehrt, da sie ihr Recht auf kommunale Selbstverwaltung beschnitten sehen. Entscheidungen gibt es aber noch keine“, so der 1. Beigeordnete Dr. Stephan Smith.

Wie es nun weitergeht, ob ZUE und/oder doch weitere Flüchtlingsunterkünfte in städtischer Regie, blieb offen. Auch über zukünftige Grundstücke, die mit Containern oder Zelten bebaut werden sollten, will man in der nächsten Ratssitzung Entscheidungen treffen.