Niederkasseler Online-Apotheke: Nachfrage nach Medizinalcannabis gestiegen | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Am 1. April ist Cannabis in Deutschland teillegalisiert worden. Seitdem ist die Nachfrage nach Medizinalcannabis stark gestiegen. Wir haben den Apotheker und Mitgründer der Online Cannabis Apotheke Cannalivery, Michael Thiebes, zur Situation befragt.

Niederkasseler Online-Apotheke: Nachfrage nach Medizinalcannabis gestiegen

Michael Thiebes betreibt zusammen mit seiner Schwester Dr. Stephanie Spahn die Apotheke an der Laach in Rheidt, die Post-Apotheke in Niederkassel-Mitte und die Fähren-Apotheke in Mondorf. 2023 ist noch die Online-Apotheke Cannalivery dazugekommen. Von Mondorf aus verschicken die beiden Medizinalcannabis an Patienten in ganz Deutschland. „Wir haben 2022 angefangen, uns mit dem Thema Cannabis zu beschäftigen. Damals war es noch ein Betäubungsmittel und das Thema medizinischer Cannabis war eher klein. Es gab eine geringe Anzahl an Patienten, aber für die war es wesentlich schwieriger, das zu bekommen, da es ein Betäubungsmittel war“, sagt der Apotheker. Seit dem 1. April hat sich dies geändert. Neben dem Konsumcannabisgesetz (KCanG) wurde auch das Medizinalcannabisgesetz (MedCanG) geändert. Seitdem gilt medizinischer Cannabis nicht mehr als Betäubungsmittel und unterliegt nicht mehr dem Betäubungsmittelgesetz.

Je nach Bedingungen der Pflanze ergibt sich anderes Wirkstoffprofil

Die einzelnen Cannabisblüten und Extrakte bekommt die Apotheke von ihrem Partner, dem Kölner Pharmaunternehmen Cannamedical. Die mittlerweile über 700 Sorten unterscheiden sich je nach Menge ihrer Hauptbestandteile THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol) und den sogenannten Terpenen, also Ätherische Ölen, die für die medizinische Wirkung sehr wichtig sind. „Wie jede andere Pflanze auch, entwickelt sich Cannabis durch unterschiedliche Bedingungen bei der Pflanzung, der Ernte und der anschließenden Trocknung. Für verschiedene Krankheitsbilder gibt es verschiedene Cannabis-Arten mit unterschiedliche Inhaltsstoffen, Genetik und unterschiedlichen Wirkstoffprofilen. Das Feld ist noch sehr neu und dadurch fast noch experimentell. Man tastet sich ran. Was könnte passen, was nicht.“ Die gelieferten Blüten werden in der Apotheke einer genauen Qualitätsprüfung unterzogen. Im Anschluss wird das Cannabis per Identitätscheck an den Patienten gesendet. Es darf also nur der Kunde, der die Bestellung aufgegeben hat, diese auch entgegennehmen.

Apotheken haben nichts mit Freizeitkonsum zu tun

Michael Thiebes betont, dass die Nachfrage nach medizinischem Cannabis nichts damit zu tun hat, ob die Menschen als Freizeitkonsum mehr „Kiffen“ würden: „Damit haben wir im Endeffekt nichts zu tun, weil wir dafür sorgen, dass Menschen, die krank sind, versuchen können, sich mit medizinischem Cannabis zu therapieren. Die Entscheidung über die Therapie trifft der Arzt und liegt nicht bei der Apotheke.“ Die stark gewachsene Nachfrage erklärt sich der Apotheker mit der Lockerung der Verschreibung: „Es war gesetzlich geregelt, dass ein Arzt ein Betäubungsmittel nur verschreiben darf, wenn alle andere Therapiemaßnahmen nicht erfolgreich waren. Das Spektrum an Patienten, die in Frage kamen, war also abgegrenzt. Jetzt ist das Patientenspektrum breiter. Nun kann sich der Arzt direkt dafür entscheiden, Cannabis zu verschreiben.“ Jetzt gibt es eine viel höher Anzahl an Patienten, die in Frage kommen, das mal zu probieren, sagt er. Zudem sei die Nachfrage auch höher, da es im Konsumcannabisgesetz (KCanG) eine Lücke zwischen der Legalisierung am 1. April und der Eröffnung der Social Clubs für Cannabis im Juli dieses Jahres gegeben habe. In der Zwischenzeit hätten sich mehr Menschen für den Freizeitkonsum ein Rezept geholt. Für Thiebes ist das Gesetz daher „nicht 100 Prozent ausgereift.“

Cannabis: Weniger Droge, mehr Arzneimittel

Die Entwicklung von Cannabis als Droge zum ernstzunehmenden Arzneimittel befürwortet er. Cannabis sei zwar eine Droge und werde in der Freizeit konsumiert, es sei aber genauso gut ein Arzneimittel und hätte vielfältige Möglichkeiten. Es sei gut, dass diese jetzt mehr gesehen würden und das Thema in den Fokus rücke. Bisher gibt es aber noch keine Studien über die spezifischen Anwendungen. Man könne nicht sagen, ob Cannabis generell bei zum Beispiel Kopfschmerzen helfe. Das sei bei jedem unterschiedlich. Die Forschung ist noch nicht so weit. Was Cannabis leisten kann und was nicht, wird die Zeit zeigen, erklärt der Apotheker. Thiebes ist aber gegen eine generelle rezeptfreie Möglichkeit, Cannabis in der Apotheke zu kaufen: „Es muss immer ein Arzt drauf gucken, weil es ein Suchtmittel ist.“

Sehr breiter Anwendungsbereich

Das Spektrum für eine Cannabis-Therapie ist sehr breit. Es gibt viele Anwendungsbereiche. Im Wesentlichen sind es Schmerzen in aller Form, wie Nervenschmerzen, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Migräne, aber auch bei ADHS und Appetitlosigkeit, zum Beispiel bei einer Krebserkrankung. Hinzu kommen Schlaflosigkeit und verschiedene psychische Erkrankungen. Es ist aber immer wichtig, dass die Therapie von einem Arzt begleitet wird und keine Selbstbehandlung stattfindet. Die Anwendung von medizinischem Cannabis betrifft alle Teile der Gesellschaft und ist nicht auf eine Generation einzugrenzen, so Thiebes.

Die Kunden in seiner Apotheke haben eine hohe Akzeptanz für das Thema. Nur ist oftmals der Unterschied zwischen medizinischem Cannabis und Cannabis für den Freizeitkonsum unklar. Hier fehlt es an Aufklärung.